Mitverschulden des Mieters an Schimmelpilz bei unzureichendem Wandabstand der Möbel?

Schimmel: Führt ein unzureichender Abstand von Möbeln zur Wand zu einem Mitverschulden des Mieters?

Ein Beitrag von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen, u.a. zum Urteil des Landgerichts Mannheim, LG Mannheim, Urteil vom 14. Februar 2007 – 4 S 62/06.

Fachanwalt für Mietrecht zur Ausgangslage:

In Urteilen verschiedener Gerichte ist immer wieder von einem Mitverschulden des Mieters zu lesen, sofern dieser seine Möbel zu dicht an die Außenwände der Wohnung stellt. Das lässt sich in dieser Allgemeinheit aber so nicht sagen.

Stellen der Möbel an alle Wände zulässig?

In bauphysikalischer Hinsicht müssen Mietwohnungen so beschaffen sein, dass sich bei einem Wandabstand von nur wenigen Zentimetern – wie er in der Regel bei Möbelstücken vorliegt – Feuchtigkeitserscheinungen nicht bilden können (LG Mannheim, Urteil vom 14. Februar 2007 – 4 S 62/06 –, juris, LG Köln, WM 2001, 604; LG Berlin, MM 1993, 72.)

Der Mieter darf daher seine Wohnung mit allgemein üblichen Möbeln, auch Schränken mit großflächigen Rückwänden, Bücherregale usw. bestücken. Weiter gehört es zum üblichen und vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung, dass der Mieter seine Möbelstücke an jedem beliebigen Ort in der Wohnung, auch unmittelbar an den Außenwänden, aufstellen kann. Es besteht deshalb grundsätzlich keine Pflicht, Möbel mit einem Wandabstand von fünf Zentimetern oder mehr aufzustellen, selbst wenn nur so Feuchtigkeitsschäden vermieden werden können (LG Mannheim, Urteil vom 14. Februar 2007 – 4 S 62/06 –, juris).

Unter welchen Umständen haftet ein Mieter für die Entstehung von Schimmelpilz mit, wenn er seine Möbel zu dicht an die Außenwand stellt?

Für ein Mitverschulden des Mieters kommen aus meiner Sicht grundsätzlich zwei Ansätze in Betracht. Zum einen kommt ein Mitverschulden in Betracht, wenn der Mieter die bauliche Situation der Mietwohnung selbst verändert, zum anderen wenn er von einer wirksamen vertraglich vereinbarten Nutzungsform abweicht.

Bauliche Veränderung durch den Mieter

Aus meiner Sicht haftet der Mieter wenn er Vorrichtungen, die der Vermieter geschaffen hat, damit die Möbel nicht zu dicht an die Wand gestellt werden (zum Beispiel breitflächige Scheuerleisten), entfernt und dann großflächige Möbelstücke direkt an Außenwände stellt. Hintergrund ist, dass der Mieter hier eine neue Situation schafft und dadurch möglicherweise die Bildung von Schimmelpilz begünstigt. Auch in solchen Fällen kommt es allerdings für den Grad des Mitverschuldens darauf an, welche Ursachen der Vermieter seinerseits gesetzt hat (Baumängel usw.).

Abweichung von vertraglicher Vereinbarung zur Nutzung

Soweit Vermieter und Mieter im Mietvertrag oder mit gesonderter Vereinbarung vereinbart haben, dass die Möbel in einem bestimmten Mindestabstand von der Wand gestellt werden, kommt ebenfalls ein Mitverschulden des Mieters in Betracht, wenn dieser davon abweicht.

Hier ist allerdings zunächst zu prüfen, ob eine solche Vereinbarung wirksam ist. Ich habe Vereinbarungen gesehen, in denen dem Mieter generell untersagt wird, an Außenwände Möbel zu stellen. In dieser Allgemeinheit wäre eine solche Vereinbarung unwirksam. Wirksam könnte aber zum Beispiel eine Vereinbarung sein, die den Mieter verpflichtet einen bestimmten, noch zumutbaren Mindestabstand von der Außenwand zu halten. Sind genügend Stellwände vorhanden, ist auch eine Verpflichtung, keine großflächigen Möbel an der Außenwand zu positionieren möglicherweise gerade noch zulässig. Bei der Formulierung solcher Vereinbarung muss allerdings darauf geachtet werden, dass diese den üblichen Mietgebrauch nicht zu sehr einschränken. Andernfalls sind solche Vereinbarungen unwirksam. Ist die Vereinbarung unwirksam, stellt auch ein Abweichen des Mieters von der Vereinbarung keine Pflichtverletzung dar. Ein Mitverschulden scheidet auch dann aus.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Vermieter sollten insbesondere vor Modernisierungen bzw. Maßnahmen zur Einsparung von Energie mit dem Mieter Vereinbarungen zur künftigen Nutzung der Wohnung treffen. Hierbei sollte nicht übertrieben werden, d.h. der Gebrauch sollte nicht zu sehr eingeschränkt werden. Andernfalls riskiert man eine Unwirksamkeit der Vereinbarung. Bislang überprüfen die Gerichte häufig noch zu Gunsten der Vermieter die Wirksamkeit derartiger Vereinbarung nicht hinreichend. Das wird sich ändern.